Taunus Zeitung  
       
    08.06.2005 Monika Schwarz-Cromm  
       
    Manches Unkraut schmeckt gut  
       
   
USINGEN. „Je weiter weg gewachsen, desto besser.“ So beschrieb ,Kräuterfee’, Ursula Buddeus die irrige Überzeugung von vielen Menschen, wenn es um Würzkräuter gehe. Dabei wachse doch alles direkt vor der Haustüre und sei viel bekömmlicher als eingeführte exotische Gemüse und Kräuter. Für den Vorsitzenden der Vogelschutzgruppe, Horst Wolff, eine altbekannte These, weshalb er zu „Ernten und Genießen aus dem Kräutergarten der Natur“ eingeladen hatte. Im Naturschutzgebiet Röllbachtal, einem 70 Hektar großen Wald- und Wiesengebiet, ging also unter Führung von Ursula Buddeus eine interessierte Gruppe auf Exkursion, bepackt mit Körben und Tüten für das, was hoffentlich gefunden wurde. Und tatsächlich: Kaum aus dem Auto gestiegen, fiel der Kräuterfachfrau auch schon die Zaunwicke auf. „An der Unterseite der Blätter befindet sich viel Nektar“, erklärte sie. Zusätzlich decke die Pflanze den Eiweißbedarf. Also genau richtig für einen Salat. „Ah, Ameisen, ih“, schallte es auch schon von Pflückerin Veronika Weiß, die sogleich das zarte Blatt fallen ließ. Denn nicht nur die Menschen, auch die Ameisen würden den süßen Geschmack sehr lieben, erklärte Ursula Buddeus. „Immer erst ein wenig schütteln oder abpusten“, lautete der Tipp. Die feinen Blätter des Gänsefingerkrautes waren die nächsten Funde. „Die sind gut gegen Menstruationsbeschwerden“, wusste die Fachfrau. Mit der Knoblauchranke könne nicht nur der Salat gut gewürzt werden, sondern auch angemachter Quark. Denn die Schoten seien wie Pfeffer nutzbar. Sogar die Wurzel sei pfefferig scharf, erklärte die Kräuterfee. Was ebenfalls für den Salat nicht fehlen durfte, war die Taubnessel, deren kleine weißen Blüten geerntet wurden. „Keine Angst“, erklärte auch Horst Wolff, „das sieht nur so aus wie eine Brennnessel.“ Schon tauchte er tief in die hohe Wiese ein. Denn dort wuchs der Wiesenknopf – eines der Kräuter für die grüne Soße. Für Horst Wolff war dies aber auch die Gelegenheit, auf die Gefahren der durch Zecken übertragenen Krankheiten hinzuweisen. „Bitte sehen Sie im Anschluss an die Wanderung genau nach, ob sie eine Zecke mitgenommen haben“, forderte er die Teilnehmer eindringlich auf. Zecken seien auch für sie der absolute Schreck, erklärte Ursula Buddeus, warum sie bei der Kräuterwanderung stets feste Schuhe trage und dazu auch noch die Socken über die Hosenbeine ziehe. Sauerampfer und vor allem Löwenzahn wurden dann auch noch gepflückt. Dem alten Märchen, die Milch des Löwenzahns sei giftig, widersprach Buddeus. „Den Löwenzahn kann man komplett mit dem Stängel essen.“ Allerdings, schränkte sie ein, sei die Allergiegefährdung durch diesen Korbblütler sehr hoch. Besonders gut käme der Geschmack der Blüten im Tomatensalat zur Geltung. Die Knospen mit Nudeln und Sahne angerichtet, seien köstlich, genau wie Gelee aus den Blüten. Bei einem Insektenstich riet Ursula Buddeus zu einem Blatt vom Spitzwegerich, das zunächst etwas aufgeribbelt auf die Einstichstelle verteilt wie ein Pflaster um die Wunde gelegt werde. „Das hört sofort auf zu jucken.“ Bereits da war den Teilnehmern klar, dass Wolff bei der Begrüßung Recht behalten hatte. Geringschätzig würden viele Gewächse Unkraut genannt, obwohl es sich bei ihnen um wohlschmeckende Heilkräuter handele, hatte er erklärt. „Um die Natur zu schützen, muss man sie erst einmal kennen“, lautete daher seine Intention. Nelkenwurz, deren Wurzeln der Suppe die richtige Würze geben, Storchschnabel, aus dessen kleinen rosa Blüten ein Tee für das Immunsystem aufgegossen werden kann, Gundermann, ebenfalls als Suppenwürze und auch große Baldrianpflanzen säumten den Wegesrand. Selbst der blühende Ginster könne mit seinen jungen Trieben Nierenprobleme heilen helfen, erklärte die Kräuterfrau. Das Johanniskraut werde mit Öl angesetzt. Die jungen Triebspitzen des Beifußes seien in fetten Soßen eingesetzt gut für Leber, Galle und Magen. Selbst die hellgrünen, jungen Tannenspitzen kamen als Zutat in den Salat, wie auch der Wiesenkerbel. Wieder zurück im Vereinsheim der Vogelschützer wurden die zarten Blätter und Blüten dann verarbeitet. Und obwohl es Bratwurst vom Grill gab, wussten die Teilnehmer nicht so recht, ob der selbst gepflückte Salat aus den Naturkräutern nicht doch viel besser schmeckte. Die Hemmschwelle, Blüten und Kräuter aus dem Garten der Natur zu genießen, war eindeutig genommen.
 
       
   
 
       
 

Ursula Maria Buddeus

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